Selbsthilfetraining (ADL):

Das Selbsthilfetraining (ADL- activities of daily life) in der Ergotherapie zielt auf die Wiedererlangung bzw. den Erhalt der Selbstständigkeit bei allgemeinen Tätigkeiten des Alltags. So soll der Patient unter Anleitung des Therapeuten unter Zuhilfenahme von Kompensationsstrategien, Hilfsmitteln und Tricks erlernen, alltägliche Tätigkeiten (wieder) selbstständig auszuführen.

Therapieinhalte sind u. a.:

  • Haushaltstraining
  • Hygienetraining
  • Anziehtraining

Feinmotorik-Training

Die Feinmotorik umfasst die gezielte und koordinierte Bewegung, die vor allem in der Handgeschicklichkeit zum Ausdruck kommt. Feinmotorische Fähigkeiten werden z. B. zum Schreiben benötigt.

Das Feinmotorik-Training wird angewendet bei Störungen der Beweglichkeit der Hände (Geschicklichkeit) und der Sensibilität, z. B.:

  • bei zu hoch oder zu gering dosierter Kraft
  • bei isolierter Fingerbeweglichkeit
  • zur Förderung des Zusammenspiels der Finger (Koordination).

Wissenschaftliche Fundierung:

„Mehr als 20% Verbesserung wurde in der funktionalen Unabhängigkeit und der Funktion der Oberen Extremität (Feinmotorik, sensorische Diskriminierung und bei der Muskel-Skelett-Performance) gemessen. Diese Studie zeigt eine signifikante Verbesserung der Funktion in der späten Erholungsphase.“

aus: Byl N, Roderick J, Mohamed O, et al. Effectiveness of sensory and motor rehabilitation of the upper limb following the principles of neuroplasticity: Patients stable poststroke. Neurorehabilitation & Neural Repair 2003; 17(3): 176-91

Narbenbehandlungen

Bei der Narbenmobilisation dienen spezielle Massagetechniken dem Ziel, Gewebeverklebungen zu lösen und den Umbau von Ersatzgewebe in funktionstüchtiges Gewebe anzuregen. Außerdem dringen durch die Massage vorher aufgebrachte topische Wirkstoffe schneller und tiefer in die Haut.

Wissenschaftliche Fundierung:

„Die Patienten der Untersuchungsgruppe berichteten über reduzierte Schmerzen, geringeren Juckreiz, weniger Angst und verbesserte Stimmung direkt nach der ersten und nach der letzten Therapieeinheit.“

nach: Field T, Peck M, Hernandez-Reif M, Postburn itching, pain, and psychological symptoms are reduced with massage therapy Journal of Burn Care & Rehabilitation 2000;21(3): 189-93

EMMETT-Technique

Mit der EMMETT-Methode, wird durch sanfte Griffe oder leichten Druck auf bestimmte Punkte auf den Muskel- oder Bindegewebe die Aktivierung des Muskelgedächtnisses erreicht und gibt somit dem Körper die Gelegenheit, sich neu auszurichten. Durch die sanften Impulse werden Einschränkungen des Muskel- und Faszialgewebes gelöst und die Beweglichkeit des Körpers wesentlich verbessert sowie Schmerzen bei Bewegungen effektiv gemindert oder gelöst. Die sanfte Anwendung kann  somit die schonende Lösung von verspannten und verkrampften Muskeln ermöglichen.

Die Methode kann eingesetzt werden zur:

  • Entspannung bei Stress- und Spannungszuständen
  • Lösung von Rücken- / Gelenk- / Kopfschmerzen und Migräne
  • Lockerung schmerzhafter, überlasteter Muskelgruppen
  • Betreuung bei Verletzungen
  • Verbesserung der Mobilität im Alter
  • Ausrichtung der Körperbalance
  • Regulierung von Körpersystemen: Verdauung, Lymphe u.v.m.

Forced-Use-Therapie

Viele Schlaganfall-Betroffene nutzen nach einer erlittenen Hemiparese (=Halbseitenlähmung) verstärkt ihre weniger betroffene Körperhälfte für alltägliche Aufgaben. Während dieses sogenannten „erlernten Nichtgebrauchs“ wird die betroffene Extremität derart geschont, dass es in einem Rückgang der Muskelmasse resultiert.

Mithilfe des psychologisch-motorischen Verhaltenstrainings der Forced-Used Therapie soll die Beweglichkeit der stärker betroffenen Körperhälfte gefördert und somit die motorischen Fähigkeiten des Betroffenen verbessert werden.

Die Therapie zielt auf den Abbau der Schonhaltung, indem die betroffene Extremität häufiger, bewusster und sicherer eingesetzt werden soll.

 

wissenschaftliche Fundierung:

„Die bisherige Forschung hat gezeigt, dass dieses verhaltensmedizinische Trainingsprogramm die Funktionalität und Qualität von Bewegung innerhalb von zwei Wochen signifikant verbessert und dass dieser Effekt nicht nur über den Zeitraum des Trainings stabil bleibt, sondern die erzielten Verbesserungen von Patienten im täglichen Leben übertragen werden (Taub et al. 1993).“

„Zudem wurden positive Veränderungen auch bei Patienten beobachtet, deren Schlaganfall schon lange Zeit zurücklag und die daher schon als „austherapiert“ bezeichnet wurden.“

nach: Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe (2016). Forced-use-Therapie. Zugriff am 7. November 2016 unterhttp://www.schlaganfall-hilfe.de/therapieuebersicht//asset_publisher/X9Wa/content/forced-use-therapie

Kognitiv-therapeutische Übungen nach Perfetti

Beim Konzept der „Kognitiv-therapeutischen Übungen“ nach Perfetti werden bei neurologischen Erkrankungen, wie z. B. nach einem Schlaganfall, MS, Gehirntumoren, Schädelhirntrauma o.ä., angewendet.

Ziel der Therapie ist die Reorganisation des Nervensystems, welches sich aufgrund der Schädigung in einem pathologischen Zustand befindet. Diese Reorganisation beginnt zunächst im Gehirn und führt letztlich zu einer Veränderung im Bereich der Muskelkontraktionen. In der Behandlung werden allerdings keine bestimmten Bewegungsabläufe direkt wiedererlernt, da man annimmt, dass dies zu abnormalem kompensatorischem Bewegungsverhalten führt.

Dem Patienten sollen bestimmte Strategien

  1. für die Informationsaufnahme und -verarbeitung
  2. für die Variabilität und
  3. für die Fähigkeit, einzelne Bewegungselemente kontrollieren zu können,

vermittelt werden, die ihm erlauben, erneut so normal wie möglich zu handeln und wieder physiologische Bewegungen bestmöglich auszuführen.

Als »Arbeitsinstrumente« dieses Konzeptes gelten die kognitiven Prozesse der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der Wahrnehmung, der Vorstellungskraft und der Sprache.

Die „kognitiv therapeutischen Übungen“ sind in ihren Teilaspekten auf den Ergebnissen wissenschaftlicher Studien konstruiert und entwickeln sich analog der neuen Erkenntnisse weiter.

nach: Perfetti C. (1997) Der hemiplegische Patient – Kognitiv-therapeutische Übungen. Pflaum Verlag, München.

Spiegeltherapie

Die Spiegeltherapie ist eine ergänzende Therapieform für Patienten mit einer halbseitig betroffenen Extremität, z.B. nach Schlaganfall oder bei Schmerzsyndrom. Sie beruht auf den Erkenntnissen der modernen Schmerzforschung.

Das Prinzip der Spiegeltherapie besteht darin, einen Spiegel so in der Körpermitte zu positionieren, dass die nicht betroffene Körperseite des Patienten über einen Spiegel beobachtet wird und sich die betroffene Seite hinter dem Spiegel befindet. Auf diese Weise werden dem Patienten die Bewegungsabläufe der nicht betroffenen Extremität als die der  betroffenen Extremität dargestellt.

Ziel der Spiegeltherapie ist die Aktivierung der betroffenen Extremität durch Täuschung des Gehirns.

Die prinzipielle Wirksamkeit der Spiegelillusion konnte neurophysiologisch nachgewiesen werden. Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren zeigten, dass durch eine Spiegelung der Bewegung eine Aktivierung der jeweils kontralateralen Hemisphäre hervorgerufen werden kann.

Spiegeltherapie kommt u. a. zum Einsatz:

  • beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) (z. B. nach Schlaganfall oder nach einem Trauma)
  • nach Operationen (z. B. nach handchirurgischen Eingriffen)
  • bei Nerven- und Nervenwurzelverletzungen
  • bei Phantomschmerzen

 

Wissenschaftliche Fundierung:

Schlaganfall:

In jüngster Zeit sind eine Reihe von hochqualitativen randomisierten, kontrollierten Studien entstanden, die den Effekt der Spiegeltherapie auf Symptome nach Schlaganfall zeigen. Als gesichert gilt, dass die Anwendung der Spiegeltherapie zu einer Verbesserung motorischer Funktionen nach Schlaganfall führt. Darüber hinaus gibt es Arbeiten, die zeigen, dass sich die sensible Wahrnehmung oder ein eventuell vorliegender Neglect verbessern. Auf eine vorliegende Spastik scheint die Spiegeltherapie keinen langfristigen positiven Effekt zu haben.

Phantomschmerz:

Eine Fallserie von Hanling et al. 2010 zeigte eine positive Wirkung der Spiegeltherapie als Prävention von Phantomschmerz. In dieser Publikation wurden vier Patienten vor der Amputation mit der Spiegeltherapie behandelt. Nach der Operation gaben die Betroffenen leichtere und weniger häufig auftretende Phantomschmerzepisoden an. Weitere Untersuchungen zum präventiven Einfluss der Spiegeltherapie sind wünschenswert.

 

Handchirugie:

Die Spiegeltherapie kann mit ihrem zentralen Ansatz die Wiederherstellung des gestörten Körperschemas, die Rückgewinnung von Sensibilität und die Minderung von Schmerzen unterstützen.

Rosén (2005) zeigte an drei Fällen nach Nervenverletzung und Sehnentransfer positive Resultate durch die Spiegeltherapie.

Auch Sumitani (2008) konnte an 22 Patienten mit Plexus brachialis Läsionen, peripheren Nervenläsionen oder Phantomschmerzen Erfolge durch die Spiegeltherapie verzeichnen.“

aus: Dohle C. Spiegeltherapie. Zugriff am 7. November 2016 unter http://www.spiegeltherapie.de/

Wahrnehmungstherapie nach Affolter

Das Affolter-Modell (auch St. Galler Modell genannt) ist ein neurophysiologisches Konzept, das bei Kindern und Erwachsenen angewendet wird, die aufgrund von Schädigungen des Zentralen Nervensystems (ZNS) unter Wahrnehmungsstörungen leiden. Es findet u. a. Anwendung bei:

  • entwicklungsauffälligen Babys und Kleinkindern
  • Schulkindern mit Lernschwierigkeiten
  • Entwicklungsstörungen der Motorik
  • kombinierten Störungen
  • tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (z.B. Autismus, Rett-Syndrom)
  • Patienten mit erworbenen zerebralen Schäden (z.B. Schlaganfall, Schädelhirntrauma)

Zentraler Aspekt der Therapie stellt das sogenannte „therapeutische Führen“ dar, bei dem der Körper des Betroffenen in alltäglichen Bewegungen vom Therapeuten geführt wird.

Die Therapie nach dem Affolter-Modell zielt sowohl auf die (Re-) Organisation des Zentralen Nervensystems als auch auf die Verbesserung der Wahrnehmung und der Störungen im visuellen, akustischen, motorischen und kognitiven Bereich ab. Durch das Üben der für den individuellen Patienten relevanten alltäglichen Handlungen soll deren selbstständiges Handeln gefördert werden.

Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept ist ein bewährtes bewegungstherapeutische Behandlungsmethode für Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen aufgrund neurologischer Funktionsstörungen.

Die Behandlungsmethode wird eingesetzt bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborener oder erworbener zerebraler Bewegungsstörung, bei Entwicklungsverzögerungen unklarer Genese sowie neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen.

Das Ziel der Behandlung ist die Optimierung aller Funktionen über eine Verbesserung der Haltungskontrolle sowie der Aufbau von selektiven Bewegungen durch unmittelbare Führung durch den Therapeuten. Durch die Therapie soll der Patient anhand ausgewählter Bewegungen, Bewegungsübergänge oder Lagewechsel lernen, seine Muskelspannung zu kontrollieren und „falsche“ Bewegungsmuster abzubauen, um dadurch wiederum eine größtmögliche Selbstständigkeit und Sicherheit im Alltag zu erreichen.

Das Konzept basiert auf neurophysiologischen und entwicklungsneurologischen Grundlagen und orientiert sich an den Ressourcen des Patienten.

 

nach: Vereinigung der Bobaththerapeuten Deutschlands e.V. (2016). Das Bobath-Konzept. Zugriff am 14. November 2016 unter  http://www.bobath-vereinigung.de/

Training der Feinmotorik und Graphomotorik

Die Feinmotorik umfasst die gezielte und koordinierte Bewegung, die vor allem in der Handgeschicklichkeit zum Ausdruck kommt. Sie umfasst Regungen der Füße und Zehen, des Gesichts und Mundes, der Hände und Finger, sowie die Koordination beider Hände.

Unter Graphomotorik versteht man die differenzierte, rhythmische Schreibbewegung, die einen hochkomplexen psychomotorischen Prozess darstellt.

Mit Hilfe verschiedener Konzepte setzen wir am individuellen Entwicklungsstand des Kindes an und stärken es gezielt in seiner Entwicklung der Handgeschicklichkeit, der feinmotorischen und der graphomotorischen Fähigkeiten.

Im Sinne eines ganzheitlichen Therapieansatzes wird dabei nicht nur an einer adäquaten Stifthaltung gearbeitet, sondern weitere Bewegungen in die Therapie integriert.

Wissenschaftliche Fundierung:

„Die Studie bietet eine erste höherwertige Evidenz dafür, dass ein kurzfristiges graphomotorisches Training für Erstklässler effektiv sein kann.“

aus: Ratzon NZ, Efraim D, Bart O, A short-term graphomotor program for improving writing readiness skills of first-grade students American Journal of Occupational Therapy 2007;61(4): 399-405

“[…] Die ergotherapeutischen Interventionen konnten die feinmotorischen Fertigkeiten – bis auf die Kraft beim Greifen –und – durch die gefundene Verbindung (Korrelation) – auch die funktionelle Ausführung im Bereich der Selbstversorgung und Mobilität verbessern. [Die Autorin] weist trotz der guten Ergebnisse auf das Studiendesign hin, dass eine abschließende Beurteilung des Therapieeffektes aufgrund der fehlenden Kontrollgruppe nicht zulässt.“

aus: Case-Smith J, , , Fine motor outcomes in preschool children who receive occupational therapy services American Journal of Occupational Therapy 1996;50(1): 52-61